Von Gerhard Pušnik
"Aufgegriffen" im Kreidekreis 2021-3
Die abwechselnden Auftritte von Minister Faßmann und seinem Generalsekretär Martin Netzer geben nicht nur Stoff für Kabarettnummern, sondern sorgen auch regelmäßig für Irritation, Unmut
und Frust im System.
Bei Presseauftritten wird vage angekündigt, was irgendwann den Schulleiter*innen per Erlass aufs Auge gedrückt wird. Da werden beiläufig Re geln verkündet (wie vor Ostern mit der Ankündigung
geschehen, dass im zweiten Semester nur eine Schularbeit zuläs sig ist), die gravierende Auswirkungen auf die Planungen der Schüler*innen und Lehrer*innen haben. Die Regeln und ministeriellen
Vorgaben sind Ergebnis von Zufälligkeiten. Warum fallen beispielsweise bei abschließenden Prüfungen ausgerechnet die Präsentati on und die mündlichen Prüfungen weg, die schriftlichen Klausuren
aber bleiben? Dafür gibt es keine Argumente.
In Vorarlberg hält die schwarz-grüne Landesregierung seit 10 Jahren an der Umsetzung der sogenannten Modellregion für eine Schule der 10-14-Jährigen fest, da lässt der in Wien hockende Net zer
den Vorarlberger*innen ausrichten: „Das ist kein Thema mehr, ja, hier ha ben wir wirklich erkannt, wir kommen hier nicht weiter, das ist vergeudete Energie. “
Vom Erkennen der Wirklichkeit ist die Bildungscrew weit entfernt, viel eher ist es eine Kombination von konservativen bildungspolitischen Vorstellungen, behäbiger Bürokratie, fehlendem
Sachver stand und mangelnder Gesprächskultur, die zu solchen Aussagen führt. Die Beliebigkeit hat System, sie ist mit der Pandemie nicht mehr erklärbar.
Mit der Bildungsreform 2017 wurde die bis dahin agierende Schulaufsicht durch ein nichtssagendes Schulqualitätsmanagement (SQM) ausgetauscht und die Expertise
(Fachinspektoren) hinausgedrängt. Dieses neue Management ist noch immer auf der Suche nach dem eigenen Sinn und stellt nur wenig Hilfestellung für die Direktor*innen dar.
Die Schulleiter*innen und Bildungsdirektionen sind nicht zu beneiden, sie agieren, so gut es geht, im Vakuum des pandemischen Schulalltags. Unser Mitleid hält sich allerdings in
Grenzen, denn Leidtragende sind letztendlich die Lehrer*innen und Schüler*innen, die das Führungs- und Kommunikations chaos ausbaden dürfen.
Sommerschule und Jugendrotkreuz sollen ausbügeln, was Reformresistenz, Segregation in Deutschklassen und konservative Borniertheit anrichten.
Die Orientierung auf Defizite und Standards ist offenkundig, die bildungspolitische Hilflosigkeit unübersehbar
Diese Absenz einer bildungspolitischen Strategie, gepaart mit der Unfähigkeit sich selbst zu organisieren, fällt allen auf den Kopf und bringt
das öffentliche Schulwesen in Gefahr.
Das österreichische Schulsystem wirkt sozial ungerecht, ist hoch selektiv, verhindert Bildung und bringt einen hohen Anteil an Schulabbrechern, -versagern und Minderleistern (in hohem Maße
männlich) hervor.
„Timeout“ und „Reset“ sind angesagt. Dafür braucht es viele kreative Köpfe, engagierte Pädagog*innen mit Wissen, Können und Erfahrung und der Fähigkeit, über
den Zaun zu blicken. Diese lassen sich auch jetzt schon in den Schu len finden.
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